Ich wollte das Thema umschiffen. Ich wollte eigentlich einen Schlenker drumherum machen, damit der Wirbel nicht undurchsichtiger wird. In Anbetracht der Tatsache, dass viele Menschen momentan verunsichert sind, ja sogar Angst haben, werde ich schreiben.
Ich bin kein Mensch der Angst vor Katastrophen hat. (Vielleicht schiebe ich diese weit von mir weg? Schiebe ich Angst weit von mir weg?) In manchen Situationen habe ich Angst, aber nicht heute und nicht im Moment.
Schon früher war ich eher so der Mensch, der bei angespannten Situationen ruhiger wurde. Ich suche den Halt in mir.
Nichtsdestotrotz gab es in meinem Leben Situationen, in denen ich Weltschmerz verspürt habe. Ich dachte, ich kann die Welt nicht ändern und es ist sowieso alles irgendwie sinnlos und ich bin so klein und selbst wenn schlimme Dinge passieren, kann ich nichts dagegen tun und schlimme Dinge passieren und zwar täglich. Aber nicht nur. Es passieren auch genauso viele schöne Dinge. Nur reden wir aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen da nicht so gerne darüber.
Ausnahmezustand
Momentan herrscht eine Situation, die ich schwer greifen und beschreiben kann. Viele Menschen haben Angst, viele Menschen bleiben ruhig.
Gestern hatten wir eine Krisensitzung zum Mental Health Summit, Veranstaltungen werden abgesagt. Wir sollen am besten zu Hause bleiben. Es ist nicht so, dass ich ignorant bin - ganz im Gegenteil. Es bringt mich nur nicht aus der Ruhe. Vielleicht liegt es daran, dass ich hier an einem kleinen Ort lebe und die Natur vor meiner Tür habe und eigentlich permanent von zu Hause aus arbeite, meine Hündin um mich habe und sich an und für sich für mich nicht viel geändert hat außer, dass das Klopapier fast aufgebraucht ist. Und komischerweise ist das Letzte woran ich in einer Krise denke, Klopapier. Es ist eher die Frage: Wie schaffe ich es eigentlich so ruhig zu bleiben?
Natürlich mache ich mir meine Gedanken. Ich mache mir sogar sehr viele Gedanken um die Welt und die derzeitige Situation. Aber in meinen Augen würde es mir und meinem "Emotionshaushalt" sehr wenig bringen, wenn ich mir permanent Corona - News reinziehen würde. Ich besitze schon seitdem ich Anfang 20 bin keinen Fernseher. Schlicht und ergreifend aus dem Grund, weil ich die ganzen schlechten Nachrichten nicht permanent hören möchte. Und um es noch einmal zu verdeutlichen, ich möchte alles andere als ignorant sein. Ich bin gerne informiert, aber ich versuche sehr, sehr gut mit meiner Energie zu Haushalten. Demnach tue ich, was erwartet wird und ich versuche mich zu schützen und dadurch auch meine Mitmenschen zu schützen und letztendlich ist das ja auch in der momentanen Situationen das einzig Wichtige.
Zeit
Und dennoch bekomme ich mit, dass es vielen Menschen schwer fällt, so viel Zeit zu haben und so viel Zeit mit sich selbst zu verbringen - vor allem in den eigenen vier Wänden. Vor allem, wenn Abhängigkeit eine Rolle spielt.
Wir dürfen Gefühle und Emotionen haben und auch Angst darf sein. Es darf alles sein. Nur Panik ist ungünstig und in Gedanken immer und immer wieder die selben Themen wälzen.
Wir könnten es auch anders sehen. Wir könnten die Zeit für uns nutzen - auch wenn uns die ganze Zeit nicht wirklich geheuer ist. Aber vielleicht ist genau dieser Moment dazu da, um sich mit uns selbst auseinanderzusetzen. Vielleicht können wir genau den Moment nutzen um zu lernen, durch die Gefühle hindurch zu gehen. Vielleicht können wir genau diese Zeit nutzen, um uns besser kennenzulernen und uns die wichtigen Fragen des Leben zu stellen. Wie geht es uns eigentlich wirklich?
Ich glaube nicht daran, dass solche Situationen auftreten, weil die Welt uns ärgern möchte. Ich glaube eher daran, dass dahinter eine Message steckt. Auch wenn diese ganz simpel heißt: Jetzt wirst du lernen müssen, dich auszuhalten und ihr müsst alle zusammenrücken, aber ohne euch dabei zu nahe zu kommen. Vielleicht ist der Kern der Sache wirklich der, dass wir nun die Gelegenheit bekommen näher hinzuschauen, was bei uns eigentlich so los ist und welchen Teil wir in unserem Mikrokosmos dazu beitragen. Und irgendwie glaube ich tatsächlich immer noch an die Menschheit und das wir das alles hinbekommen können. Ich glaube daran, dass wir nicht zum Größtenteil alles schlecht machen, denn wenn ich mich auf meinen Mikrokosmos besinne, dann sehe ich in diesem lauter wundervolle Menschen, die wundervolle Dinge tun.
Zeit verbringen
Hast du das Gefühl, dass dir die Decke auf deinen Kopf fällt? Weißt du nicht so wirklich, was du tun sollst, oder kannst? Bist du vielleicht verunsichert, oder hast du momentan Angst alleine zu sein, weil du Angst davor hast, dass du deine eigene Gesellschaft nicht erträgst und rückfällig werden könntest. Oder vielleicht hast du ja auch das Gefühl, dass du deine Routine aufgeben musst und jetzt nicht wirklich weißt, wie du dir eine solide Basis aufbauen kannst. Ich trage dir im Folgenden ein paar Dinge zusammen, die ich tun würde bzw. tue:
- sich informieren ist super, aber sich den ganzen Tag Nachrichten über die derzeitigen Umstände reinziehen, ist nicht sonderlich förderlich
- erschaffe dir eine neue kleine Routine. Sprich, wenn deine Tagesstruktur soeben eingebrochen ist, weil du das Haus nicht verlassen darfst, dann erschaffe dir eine neue Tagesstruktur und halte dich daran.
- falls du deine gewohnten Selbsthilfegruppen nicht aufsuchen kannst, dann suche dir eine Online Community, bei der du dich aufgehoben fühlst.
- falls dein Sportkurs ausfällt, mache einen Online Kurs. (Es gibt tausende Sport- und Yoga - Videos auf YouTube)
- gibt es etwas, was du schon immer einmal lernen wolltest (Häkeln, Stricken, wie man menschliche Augen mit Bleistift zeichnet, wie man ein Buch schreibt, was Ayurveda eigentlich bedeutet etc.) und du dafür aber nie Zeit hattest? Dann ist jetzt der perfekte Zeitpunkt dafür.
- nur weil du zu Hause sein musst heißt das nicht, dass du von der Außenwelt abgeschnitten bist - nimm dein Mobiltelefon in die Hand und rufe Freunde und Bekannte an, falls du dich einsam fühlen solltest
- lies Bücher, die dich aufbauen und auf etwas andere Gedanken bringen
- höre Podcasts, die dich Aufbauen und auf andere Gedanken bringen
- organisiere deine eigene Online Community zu einem bestimmten Thema und vernetze dich so mit anderen Menschen
- nutze die Zeit ganz bewusst für dich und sieh darin (trotz all der äußeren Umstände) ein Geschenk
- falls du Suchtdruck bekommen solltest, dann lies dir gerne die Tipps gegen Suchtdruck durch
- falls dir die Decke auf den Kopf fallen sollte, lies dir diesen Artikel durch
- schreibe morgens und abends 3 Dinge auf, für die du dankbar bist
"Wir werden alle als Prinzen geboren, nur dass manche es nicht wissen oder vergessen haben."
"Erfahrung ist nichts anderes als die Möglichkeit, Fehler zu begehen und an diesen Fehlern zu wachsen."
"Im Grunde gibt es nur einen Weg, die Welt zu verändern: indem man sich selbst verändert."
"Wenn man ein mürrisches Gesicht im Spiegel sieht, sollte man einfach lächeln."
aus Die Rückkehr des Prinzen von A.G. Rommers
Ich lese das Buch von Biet Simin "Don't Just Sit There" zum zweiten Mal. Es ist kein übliches Buch über Meditation, sondern ihre 44 Einblicke in die Meditationspraxis sind so verständlich, menschlich und leicht umsetzbar, dass ich nicht genug davon bekomme. Biet gibt mir durch ihre eigene ("Sucht")Geschichte und anhand von bewegenden Beispielen das Gefühl, dass ich mein Leben mitgestalten kann und nicht nur anteilnahmsloser Zuschauer bin und Dinge über mich ergehen lassen muss. Ihr Buch ist eine wärmste Empfehlung meinerseits (momentan nur auf English erhältlich) und hilft vor allem in Situationen wie momentan.
Zum Schluss möchte ich noch zwei Podcast Episoden mit euch teilen, die die momentanen Dinge aus einem anderen, vielleicht auch kraftvolleren Blickwinkel betrachten.
"Heile deinen Weltschmerz" von Laura Malina Seiler
"Die versteckten Botschaften des C-Virus" von Bahar Yilmaz
Diese haben mir persönlich sehr geholfen, die Dinge ein wenig anders wahrzunehmen, anstatt in Angst und Panik zu verfallen. <3
photo credits: Evie S. // unsplash
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